Spezialisten Vermögensverwaltung

08. April 2020

Portfolioabsicherung von Michael Rudolph

Gibt es eine Versicherung gegen Kursverluste? Das Coronavirus, die Zinsentscheide der Zentralbanken, die Präsidentschaftswahl in den Vereinigten Staaten im November 2020, Stellvertreterkriege und andere Krisenherde – es gibt eine Vielzahl von Geschehnissen mit dem Potential, schwere Verwerfungen an den Börsen zu verursachen und somit die Performance eines Aktienportfolios maßgeblich zu beeinflussen. Ein Investor stellt sich daher häufig die Frage: Positionen reduzieren oder halten, um von eventuell weiter steigenden Kursen zu profitieren. Absicherungsstrategien mit Finanzderivaten bieten eine Möglichkeit, diesem Problem zu begegnen. Der Aufwand kann, wie im folgenden Beitrag gezeigt sich gut bewähren.

Die Hinzunahme von Finanzderivaten zum Zweck der Portfolioabsicherung setzen vom Anfang bis zum Ende des Produktzyklus ein hohes Maß an Sachkenntnisse voraus. Themen wie: die richtige Auswahl aus einer breiten Produktpalette treffen, Kosten, Risk-Reward-Profile, die Gewichtung und das bestmögliche Timing sind zu klären. Im weiteren Verlauf lauern neue Bedeutsamkeiten beispielsweise die Pfadabhängigkeit einer Option; diese kann dazu führen, dass treffenderweise die eigene Markteinschätzung eingetreten ist, die Option gleichwohl graduellen Veränderungen unterliegt, die zu ertragsarmen Auszahlungen bis hin zu absoluter Effizienzlosigkeit führen kann. Gut bedacht soll die Strategie sein, getreu dem Wahlspruch: „An investment in knowledge pays the best interest.“ – Benjamin Franklin.

Aktuell ist zu beobachten, dass in den ersten beiden Monaten des Jahres 2020 neue Rekordhöhen an den Aktienmärkten erreicht worden sind obwohl die wirtschaftlichen Folgen des in China ausgebrochenen COVID-19 bereits diskutiert wurden. Angelehnt an einen alten Börsenspruch, dass an Gewinnmitnahmen angeblich noch niemand gestorben sei, soll hier in einer Gegenüberstellung einmal verglichen werden, ob im vergangenen Zeitabschnitt die Reduzierung des Aktienbestandes oder die Hinzunahme einer Absicherungsstrategie die vorteilhaftere Entscheidung dargestellt hätte. 

Es gibt eine Vielzahl von Strategien, die im Rahmen des Risikomanagements eingesetzt und zu Absicherungszwecken genutzt werden. Vergleichen wir hierzu drei einfache Methoden, wie sie vergleichbar häufig in Investmentfonds und von institutionellen Investoren umgesetzt werden. Die Ausgangslage bildet ein fiktives Blue-Chip-Portfolio, das am Anfang des Beobachtungszeitraums das Gesamtvermögen auf 80% Aktien und 20% liquide Mittel verteilt. Folgende Modelle werden getrennt voneinander umgesetzt und verglichen:

  • Modell a: Halbierung der Aktienquote von 80% auf 40%
  • Modell b: Kauf einer Verkaufsoption mit einem Prämienaufwand von 5% des Gesamtvermögens
  • Modell c: Kauf eines Bear Put Spreads und Verkauf einer Kaufoption mit einem Prämienaufwand von 5% des Gesamtvermögens

Zur Veranschaulichung ist das Portfolio um den Betafaktor bereinigt und die gehaltenen Aktieninvestments und Gewichtungen entsprechen nahezu exakt einem Dax®-Portfolio. Der Beobachtungszeitraum beginnt Anfang Januar 2020 und endet Anfang März 2020, einem Zeitpunkt an dem der bisherige „Corona Crash“ ein Tief an den Aktienmärkten markiert hat (Stand 06.03.20). 

Modell a.

Zu Beginn des Beobachtungszeitraums wird eine Halbierung der Aktienquote von 80% auf 40% vorgenommen, im Gegenzug erhöht sich der Bestand an liquiden Mitteln auf 60% des Gesamtvermögens. Der Vollständigkeit halber sei an dieser Stelle kurz angemerkt, dass der Effekt der reduzierten Aktienquote (Delta) auf nunmehr 40% des Gesamtvermögens, auch durch den Verkauf einer entsprechenden Stückzahl von Dax-Future Kontrakten erreicht werden kann, i.d.R. stellt dies sogar die effizientere und kostengünstigere Transaktion dar – die trotzdem zu einem korrespondierenden Ergebnis führt.

Modell b.

Der Kauf einer (Index-) Verkaufsoption gibt dem Optionskäufer am Verfallstermin das Recht, den Basiswert zum vorab bestimmten Ausübungspreis an den Stillhalter zu verkaufen. Optionen können auch vor Fälligkeit jederzeit über die Terminbörse verkauft werden.

Die Besonderheit bei Indexoptionen: es findet ein Barausgleich zur Fälligkeit statt. Bei DAX®- Indexoptionen ist die physische Lieferung der dreißig Einzeltitel impraktikabel, weswegen auf die Übertragung von Aktien verzichtet wird. Stattdessen findet zwischen Käufer und Verkäufer zum Fälligkeitstermin der Indexoptionen ein Barausgleich in Höhe der Differenz zwischen dem Basispreis der Option und dem Index-Stand (Settlement Preis) statt. DAX®-Indexoptionen werden an der Terminbörse Eurex gehandelt. Auf der Eurex-Seite sind neben den Produktmerkmalen auch die verfügbaren Kontrakte und Prämien zu finden. Ein signifikanter Vorteil eines sogenannten „Protective Puts“ ist, dass es gegen Kurseinbrüche schützt und zugleich das Kurspotential des Aktienportfolios nach oben beibehält. Einzeln betrachtet, ist der Maximalgewinn einer gekauften Put-Option nahezu unbegrenzt – der Maximalverlust ist auf die Höhe der gezahlten Prämie beschränkt.

Ein weiterer Vorteil einer börsennotierten Option sei an dieser Stelle erwähnt: die Eurex übernimmt die Clearing-Funktion und gewährleistet als zentraler Kontrahent die Erfüllung sämtlicher Geschäfte, die an ihren Börsen abgeschlossen werden, somit entfällt das Kontrahentenrisiko. Gegenteilig verhält es sich bei sogenannten Optionsscheinen, Strukturierten Produkten und Zertifikaten, hier bleibt für den Anleger das individuelle Ausfallrisiko des Emittenten bestehen. Für den Modell-Vergleich wird ein „am-Geld“ liegende Put-Indexoption mit einer Restlaufzeit von 12 Monaten gekauft. Die bezahlte „Versicherungsprämie“ entspricht 5% des Gesamtvermögens.

Modell c.

Der Bear Put Spread mit einem kleinen „Kniff“ – der Begriff Bear Put Spread bedeutet einen gleichzeitigen Kauf einer Verkaufsoption mit einem höheren Basispreis und Verkauf einer Verkaufsoption mit einem niedrigeren Basispreis und gleicher Laufzeit. Die Prämieneinnahme aus der verkauften Put-Option mit dem niedrigeren Basispreis reduziert den Kaufpreis für die Put-Option mit dem höheren Basispreis – somit ist nur die Differenz zwischen der teureren Put-Option mit dem höheren Basispreis und der billigeren Put-Option mit dem niedrigeren Basispreis aufzuwenden. Diese Strategie findet Anwendung, um überproportionale Gewinne bei fallenden Kursen im Basiswert einzunehmen. Der Maximalgewinn ist begrenzt und stellt sich ein, wenn der Basiswert am Laufzeitende unterhalb des Basispreises der verkauften Put-Option mit der niedrigeren Basis notiert – denn erst ab dann kompensiert die verkaufte Put-Option die Gewinne aus der gekauften Put-Option. Der Maximalverlust ist auf die Höhe der gezahlten Prämie begrenzt und tritt dann ein, wenn bei Fälligkeit der Basiswert über den Basispreis der gekauften Put-Option steigt. Dann sind beide Put-Optionen wertlos und der Investor erleidet den Maximalverlust dieser Struktur in Höhe der gezahlten Prämie. 

Das kleine Extra: prominent vertreten und sich wachsender Beliebtheit unter institutionellen Investoren erfreuend, ist nebst einem Bear Put Spread die Beimischung einer Buy-write Strategie. Hier wird das Grundprinzip einer Covered Call Strategie angewendet, wobei klassische Assets wie Aktien und der Verkauf von Kaufoptionen miteinander verbunden werden, um zusätzliche Erträge zu erzielen. Einer verkauften Call-Option wird fälschlicherweise oft der Glaube eines Absicherungseffekts nachgesagt. Diese Behauptung ist falsch. Eine verkaufte Kaufoption entfaltet keine Versicherungsleistung, vielmehr ist die Prämieneinnahme als zusätzlicher Ertrag anzusehen. Zu beachten ist, dass die im Modell c. verkaufte Call-Option ein höheres Kurspotential des Aktienteils blockiert, hingegen die Modelle a. und b. weiterhin „bullish“ eingestellte Portfolios bleiben. Der zusätzliche Verkauf einer Call-Option bringt nur dann einen extra Gewinn, wenn eine seitwärts bzw. eine leicht fallende Bewegung im Basiswert stattgefunden hat und bei Fälligkeit der Basiswert unter dem Basispreis liegt. Für den Modell-Vergleich wird ein Bear Put Spread und eine short „at-the-money“ Call-Indexoption mit Restlaufzeiten von 3 Monaten implementiert. Der Gesamt-Prämienaufwand der Struktur beträgt 5% des Gesamtvermögens. 

Fazit: Mit Finanzderivaten lassen sich Aktienportfolios schützen und zugleich eröffnen sie Chancen. Im Modell c. gelingt der Beweis, dass ein „günstiger“ Schutz effizienter als herkömmliche Absicherungsstrategien sein kann. Unabdingbar ist das Verständnis von Produkten, Zusammenhängen und Impliziter Volatilität. Sprechen Sie uns an – wir informieren Sie gern.

Ihr Netfonds-Team

Bild: pixabay.com

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