Neuer Anlagekompass für Offene Immobilienfonds

11. Juni 2020

Bild: Visualisierung des One Forty West in Frankfurt am Main: Die Commerz Real wird das Hochhaus nach seiner Fertigstellung in das Portfolio ihres offenen Immobilienfonds Hausinvest übernehmen. Copyright Commerz Real/Ludwig Ehrhardt

Ausgewählte Produkte in der Übersicht

Bei manchem Anleger sitzt der Schock der Subprime-Krise so tief, dass er offene Immobilienfonds noch immer ignoriert. Dabei stellen sie längst ein stabiles Anlagevehikel mit breitem Produktangebot dar. Eine Übersicht interessanter Produkte und alles, was man aktuell zum Thema wissen muss.

Seit vor mehr als zehn Jahren in der Finanzkrise einige offene Immobilienfonds ins Wanken gerieten und letztlich mit Verlusten abgewickelt wurden, hat sich viel getan. Vor allem hat der Gesetzgeber Kündigungsfristen durchgesetzt und so für die nötige Stabilität dieses Anlagevehikels gesorgt. In der Folge steht nun ein umfangreiches Produktangebot zur Verfügung.

Mit der folgenden Übersicht, die wir in den kommenden Wochen und Monaten regelmäßig aktualisieren, möchten wir Anlegern einen raschen Überblick ermöglichen, wie einige offene Immobilienfonds mit unterschiedlichen Nutzungsarten positioniert sind, die bei Netfonds eine Rolle spielen. Leisten soll dies eine Tabelle mit wesentlichen Kennzahlen dieser Fonds zum Vergleich. Wichtig: Die Tabelle stellt keinerlei qualitative Bewertung dar.

Vor der endgültigen Entscheidung für einen oder mehrere dieser Fonds sind zuvor eingehendere Recherchen unerlässlich. Hierzu bieten sich beispielsweise ausführliche Fondspräsentationen der Gesellschaften an. Für die laufende Information ist zudem die Lektüre monatlicher Factsheets ratsam. Alle aufgeführten KAGs bieten einen entsprechenden Service an.

 

HausinvestGrundbesitz EuropaGrundbesitz GlobalGrundbesitz Fokus

Deutschland

KanAm LEADING

CITIES INVEST

Swiss Life Living

and Working

Hier noch einige Hinweise zu den in der Tabelle aufgeführten Informationen:

1. Ist der Fonds bei der KAG erwerbbar?

Zur Steuerung der Mittelzuflüsse führen Fonds teilweise Kaufrestriktionen ein, um nicht ein Übermaß an derzeit renditeschmälernder Liquidität halten zu müssen.

2. Gibt es einen Abschlag zum NAV beim Handel über die Börse? Und falls ja: Wie hoch ist dieser?

Nur bei einigen Fonds (und da auch nur für „Altanleger“, siehe nächster Punkt“) ist eine sofortige Anteilsrückgabe an die KAG möglich. Ansonsten ist ein Verkauf über die Börse die einzige Möglichkeit, Fondsanteile ohne Wartefrist zu verkaufen. Bei einigen Fonds müssen Anleger bei einem Verkauf über die Börse Abschläge im Vergleich zum NAV der Gesellschaft hingenommen werden. Das Vorhandensein und die Höhe solcher Abschläge spiegelt einerseits sicherlich die Anzahl verkaufswilliger Anleger wieder. Andererseits ist ein hoher Abschlag wohl auch eine Art „Sicherheitsabschlag“ hinsichtlich der erwarteten künftigen Fondspreisentwicklung.

Anleger, die in einen Immobilienfonds neu investieren möchten, der an der Börse einen spürbaren Abschlag aufweist, sollten das über die Börse tun. Hierfür ist es erforderlich, dass die jeweilige Depotbank auch einen Börsenhandel anbietet.

3. Sind kündigungsfreie Rückgaben von Fondsanteilen bei diesem Fonds möglich? Und wenn ja: In welcher ungefähren Höhe?

Um Fondsschließungen in Folge kurzfristiger Rückgaben zu verhindern, hat der Gesetzgeber bei Immobilienfondsanteilen, die ab dem 22.07.2013 erworben wurden, eine Kündigungssperrfrist von einem Jahr und zudem eine Kündigungsfrist von ebenfalls einem Jahr eingeführt. Ziel des neuen Gesetzes war es zu verhindern, dass kurzfristig orientierte Anleger Immobilienfonds als Geldmarktfondsersatz missbrauchen.

Für Anteile, die vor dem 22.07.2013 erworben werden, gelten Freibeträge. Es dürfen Fondsanteile je Anleger im Gegenwert von maximal 30.000 Euro pro Kalenderhalbjahr an die Fondsgesellschaft zurückgegeben werden.

Somit gilt: Je höher der Anteil von Neuanteilen (also mit einer Kündigungsfrist) innerhalb eines Fonds ist, desto weniger wahrscheinlich ist eine Anlegerpanik und eine damit verbundene Liquiditätsknappheit des Fonds.

Bei drei der betrachteten Immobilienfonds gibt es ausschließlich „Neuanteile“. Rückgaben ohne Kündigung sind somit keinem Anleger möglich. Dies ist aus zwei Gründen vorteilhaft: Zum einen sind solche Fonds vor Panikattacken der Anleger gut geschützt. Zum anderen muss weniger (derzeit negativ verzinste) Liquidität vorgehalten werden, um auf spontane Rückgaben reagieren zu können.

Aber auch bei den drei Fonds mit Altanteilen unterliegt mittlerweile mehr als die Hälfte der Fondsanteile einer Kündigungsfrist. Zudem wird sich bei diesen Fonds die Relation von Altanteilen zu Neuanteilen in der Zukunft stetig noch weiter zugunsten von Neuanteilen verschieben. Die bereits heute reduzierte Gefahr eines Liquiditätsengpasses des Fonds durch Anteilsrückgaben wird sich somit auch bei diesen Fonds somit künftig immer weiter verringern.

4. Immobilienquote in Relation zum Fondsvermögen

Hier wird betrachtet, wie hoch der direkt oder indirekt gehaltene Immobilienanteil in Relation zum Gesamtfondsvermögen ist. Damit wird das „Delta“ des Fonds zum Immobilienmarkt ermittelt. Ist der Immobilienanteil des Fonds höher als das Fondsvermögen, liegt das Delta über 1. Das bedeutet: Verändert sich die Bewertung aller Immobilien um 1%, ändert sich der Fondspreis um mehr als 1%.

Die Bewertung der Höhe der Immobilienquote ist zweischneidig: Auf den ersten Blick erscheint es natürlich sinnvoll, dass ein Immobilienfonds möglichst stark in Immobilien investiert ist. Schließlich ist dies der eigentliche Sinn der Investition. Zudem kostet Liquidität oder eine entsprechende Kreditquote derzeit Rendite. Andererseits kann ein Fonds mit einer geringen Immobilienquote in Krisenzeiten (z.B. bedingt durch Corona) günstig einkaufen, während Bestandsimmobilien möglicherweise perspektivisch abgewertet werden müssen. Zudem müssen die Fondsmanager in der Lage sein, etwaige Fondsanteilsrückgaben zu bedienen. Dies ist besonders bei denjenigen Fonds wichtig, die noch Altanleger mit der Rückgabemöglichkeit ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist haben (siehe vorheriger Punkt).

5. Nutzungsarten

Hier werden die unterschiedlichen Nutzungsarten im Allgemeinen und im Hinblick auf die Auswirkungen der Corona-Pandemie im Besonderen betrachtet. Es handelt sich um eine pauschale Betrachtung, die lediglich allgemeine Tendenzen liefern kann. Entscheidend ist letztlich ausschließlich die Situation der konkreten Immobilie am jeweiligen Mikrostandort.

Handelsimmobilien:

Generell gelten Handelsimmobilien als große Verlierer der Coronakrise. Allerdings ist eine differenzierte Betrachtung erforderlich: Besonders stark gebeutelt sind Bereiche außerhalb von Lebensmitteln und Nahversorgung. Zu nennen sind in erster Linie die Bereiche Mode (vor allem im mittleren Preissegment) und Elektronik. Der hier sowieso bestehende Trend zum Onlinehandel dürfte sich weiter verstärken. Erste Pleiten hat es bereits gegeben.

Als nicht oder vergleichsweise nur wenig betroffen gelten hingegen Lebensmitteldiscounter, Drogeriemärkte und Baumärkte und andere Nahversorgungszentren.

Büroimmobilien:

Hier sind zwei Fragen von Interesse: Kurzfristig: Ist der Mieter in der Lage, seine bestehenden Verpflichtungen zu erfüllen? Oder droht dem Mieter die Insolvenz? Mittel- bis langfristig: Durch Corona gab es de facto ein riesiges Experiment hinsichtlich der Machbarkeit von „Homeoffice“ im breiten Stil. Und man kann schon jetzt feststellen: Das hat im Großen und Ganzen gut funktioniert. Es steht daher zu erwarten, dass eine zunehmende Zahl von Unternehmen ihren Mitarbeitern dauerhaft ermöglicht, ganz oder teilweise von zuhause zu arbeiten. Dies könnte zu einer perspektivischen Reduzierung des Bedarfs an Büroflächen führen.

Logistikimmobilien:

Gelten als großer Gewinner der Krise: Es dürfte – auch nach Corona – einen Schub für den Onlinehandel geben. Dies dürfte die Nachfrage nach Logistikimmobilien nochmals beflügeln.

Healthcareimmobilien:

Keine nennenswerten Auswirkungen durch Corona zu erwarten.

Hotelimmobilien:

In der Regel sind Hotels langfristig an renommierte Betreiber gegen eine Festpacht verpachtet. In derartigen Fällen besteht letztlich während der Pachtlaufzeit nur ein Hauptrisiko: Die Zahlungsunfähigkeit des Betreibers. Hält die Krise länger an, ist das allerdings ein durchaus realistisches Szenario. Mitstundungen dürften in diesem Segment derzeit eher die Regel als die Ausnahme sein. Ein Pächterwechsel nach einer möglichen Insolvenz des bisherigen Betreibers dürfte mit einer niedrigeren Pacht einhergehen. Zudem wurden in der Vergangenheit im Zusammenhang mit Abschluss eines Pachtvertrages Renovierungen und Anpassungen an die Anforderung des jeweiligen Hotelbetreibers vorgenommen. Ein solches Erfordernis wäre bei einem vorzeitigen Pächterwechsel ebenso zu erwarten, weswegen ein Pächterwechsel in aller Regel sehr ungünstig wäre. Es ist nicht auszuschließen, dass Hotelbetreiber – vor dem Hintergrund einer drohenden eigenen Insolvenz – die Reduzierung von laufenden Pachtverträgen fordern. Dies wiederum würde vermutlich perspektivisch Abwertungen im Fonds zur Folge haben. Somit muss die Nutzungsart Hotel kurzfristig eher kritisch betrachtet werden.

Wohnimmobilien:

Die Zahl der Mietausfälle dürfte sich kurzfristig erhöhen. Der langfristige Wohnungsbedarf ist jedoch weiter gegeben. Die Auswirkungen dürften daher insgesamt eher gering sein. Sollte sich die Krise lange hinziehen, dürften jedoch die Auswirkungen irgendwann auch im Wohnbereich ankommen. Ein weiteres, von Corona unabhängiges Risiko dürfte in staatlichen Eingriffen mit ideologischer Absicht (Stichwort: Mietendeckel) bestehen. Wobei diese Bestrebungen bisher ausschließlich in zuletzt stark nachgefragten Städten bestanden. Zudem könnten derartige Gesetzte von Gerichten aufgrund wegen mangelnder Verfassungskonformität „kassiert“ werden.

Insgesamt dürfte der Bereich der Wohnimmobilien vergleichsweise krisenresistent sein.

6. Regionale Aufteilung

Hier gibt es natürlich keine Faustregel hinsichtlich einer idealen Aufteilung. Sicherlich sind jedoch derzeit Immobilien in Ländern wie Italien, wo sich eine überdurchschnittliche Betroffenheit von Corona mit einer ausgeprägten wirtschaftlichen Schwäche paart, tendenziell abwertungsgefährdeter als in einem vergleichsweise stabilen Land wie Deutschland.

Bezieht man noch Katastrophenszenarien wie ein Auseinanderbrechen der Währungsunion des Euro mit in die Risikoüberlegungen ein, sind viele südeuropäische Länder wohl noch kritischer zu sehen. Da vermutlich in einem solchen Szenario die Währungen dieser Krisenländer im Verhältnis zu Deutschland massiv abwerten würden, käme es zu (durch den Fonds nicht absicherbaren) Bewertungsverlusten bei den Immobilien alleine durch die Währung.

Ihre Ansprechpartner im Hause Netfonds:


Torsten Vetter
Spezialist Wertpapiere/Anlagezertifikate

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