Betriebsschließungsversicherung

07. September 2020

Eine Haftung für Betriebsschließung wegen des Coronavirus?

Müssen Betriebsschließungsversicherungen bei coronabedingten Ausfällen leisten? Über die Antwort auf diese Frage besteht vielerorts Streit. Viele Versicherer sind stark in die Kritik geraten, weil sie im Zuge der Corona-Krise eine Leistungspflicht abgelehnt und/oder ihren Kunden kulanzhalber Angebote gemacht haben, die in der Presse als “unseriös” bezeichnet worden sind.

Der Versicherungsfall im Rahmen der Betriebsschließungsversicherung ist die durch die zuständige Behörde veranlasste Schließung des Unternehmens wegen einer Infektion, einer Krankheit oder einem Krankheitserreger nach dem Infektionsschutzgesetz (IfSG) oder einem Krankheitserreger nach dem IfSG oder einem Tätigkeitsverbot für die Mitarbeiter aufgrund der Regelungen des IfSG. In den Versicherungsbedingungen werden regelmäßig die Krankheiten, die zur Betriebsschließung führen, benannt (§ 6 IfSG) und auch die Krankheitserreger werden nach § 7 IfSG definiert. In der bis zum 22. Mai 2020 geltenden Fassung des IfSG waren die Erreger SARS-CoV und SARS-CoV-2 weder im Gesetz noch im Katalog der Versicherungsbedingungen enthalten. Hierauf stützen sich die Versicherer, die Leistungen der Betriebsschließungsversicherung für die Auswirkungen des Corona-Virus ablehnen.

Mittlerweile sind bereits einige Gerichtsurteile mit verschiedenen Ergebnissen ergangen.

So hat das OLG Hamm (Beschluss v. 15.07.2020 – 20 W 21/20) entschieden, dass eine Betriebsschließungsversicherung für Schäden infolge der coronabedingten Betriebsschließung nur dann einstehen muss, wenn COVID-19 und Sars-Cov-2 in den Versicherungsbedingungen als „versicherte“ Krankheiten und Krankheitserreger genannt sind. Im zu entscheidenden Fall ist die Antragstellerin Inhaberin einer Gaststätte. Mit Blick auf die Schließung ihres Betriebes wegen des neuartigen Corona-Virus verlangte sie von der beklagten Versicherung mit ihrem Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung einen Betrag von fast 27.000 Euro von dem Versicherer. Ihren Antrag hat das Landgericht Essen zurückgewiesen, die Antragstellerin hat gegen diesen Beschluss sofortige Beschwerde beim OLG Hamm eingelegt.

Die Beschwerde hatte aber auch vor dem OLG Hamm keinen Erfolg. Nach Auffassung des Oberlandesgerichts hat das Landgericht zu Recht den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung zurückgewiesen, da die Aufzählung der „versicherten“ Krankheiten und Krankheitserreger in den vereinbarten Versicherungsbedingungen abschließend sei. Der Wortlaut „nur die im Folgenden aufgeführten (vgl. §§ 6 und 7 IfSG)“ und die anschließende ausführliche Auflistung einer Vielzahl von Krankheiten und Erregern mache dem – für die Auslegung maßgeblichen – durchschnittlichen Versicherungsnehmer deutlich, dass der Versicherer nur für die benannten, vom Versicherer einschätzbaren Risiken einstehen wolle. Der Hinweis „vgl. §§ 6 und 7 IfSG“ könne vor diesem Hintergrund nicht dahin verstanden werden, dass der Versicherer auch für eine spätere – hier nach Auffassung der Antragstellerin erfolgte – Erweiterung des Gesetzes Versicherungsschutz gewähren würde.

Zu einem anderen Ergebnis ist das LG Mannheim (Urt. v. 29.4.2020, ger. Az. 11 O 66/20) gekommen. In dem vom LG Mannheim entschiedenen Fall waren in den Versicherungsbedingungen keine Krankheiten explizit aufgeführt, sondern es wurde verwiesen auf „die in §§ 6, 7 IfSG namentlich genannten Krankheiten und Krankheitserreger”. Nach Auffassung des Gerichts dürfte der verständige Versicherungsnehmer in einem solchen Fall davon ausgehen, dass alle unter die §§ 6 und 7 IfSG fallenden Erreger und Krankheiten Grundlage der Betriebsschließung sein können. Erst recht werde er davon ausgehen, dass spätere Änderungen dieser Normen auf den Vertrag Anwendung finden. Obwohl zum Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung noch keine Änderung des enumerativen Katalogs der §§ 6, 7 IfSG vorgenommen worden war, sondern diese um das SARS-Corona-Virus im Wege einer Rechtsverordnung nach § 15 Abs. 1 IfSG erweitert wurden, griff die Verweisung nach Auffassung des Gerichts. Im zu entscheidenden Fall hatte die Antragstellerin mit ihrem Begehren letztlich zwar keinen Erfolg, dies lag aber u.a. daran, dass sie die für den Erlass einer einstweiligen Verfügung erforderliche Eilbedürftigkeit nicht schlüssig darlegen konnte.

Stellungnahme

Es können wie so häufig nicht alle Fälle, in denen der Versicherer eine Leistung ablehnt, über einen Kamm geschoren werden. Für die rechtliche Beurteilung macht es einen wesentlichen Unterschied, ob in den Versicherungsbedingungen die versicherten Krankheiten abschließend aufgezählt sind oder ob insoweit auf die einschlägigen Vorschriften aus dem IfSG verwiesen wird. Zusätzlich hat der Versicherer sorgfältig zu prüfen, ob auch die weiteren Voraussetzungen für die Leistungserbringung gegeben sind. Die oben aufgeführten Fälle zeigen, dass viele Versicherungsverträge viel zu selten in Hinblick auf die tatsächliche Bedarfssituation überprüft und angepasst werden.

Daher unser Appell an Sie: Sprechen Sie dringend mit Ihren Kunden darüber, ob sie noch über weitere Versicherungsverträge verfügen, die aktuell nicht von Ihnen überwacht werden und prüfen Sie, wann in Hinblick auf sich ergebende Deckungslücken gemeinsam eine Aktualisierung erfolgen kann!

Wir möchten Ihnen mit dem Video der HDI Versicherungen ein Beispiel zeigen, wie es einem Unternehmen in der Corona-Krise erging und die Versicherungsgesellschaft helfen konnte.

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