Anlagezertifikate vom neuen Derivate-Steuerhammer wohl nicht betroffen

28. Mai 2020

Kernpunkte der Neuregelung & aktuelle Entwicklung

Kurz vor dem Dezember 2019 wurde – von der breiten Öffentlichkeit zunächst weitgehend unbemerkt – ein neues Gesetz verabschiedet, welches die bisherigen Steuerregeln auf den Kopf stellte. Es geht um eine Neuordnung der Besteuerung von Termingeschäften. Das Gesetz entfaltet seine Wirkung ab dem 01.01.2021.

Kernpunkte der Neuordnung sind zwei Dinge:

Einerseits wurde analog zu Aktien ein eigener Verlustverrechnungskreislauf für Termingeschäfte geschaffen. In der Folge können Verluste aus Termingeschäften nur gegen Gewinne aus Termingeschäften sowie Einnahmen aus Stillhalterprämien verrechnet werden. Als Begründung wurde seitens der Politik genannt, dass Privatanleger Termingeschäfte meistens zum „Zocken“ nutzen. Dies – so die Begründung für das Gesetz – sei zwar jedem unbenommen, dürfe aber nicht dazu führen, dass der gesellschaftspolitisch wichtige Steuertopf geschmälert würde, indem derartige Verluste aus Termingeschäften mit „seriösen“ Einkünften verrechenbar seien.

Andererseits wurde noch zusätzlich die Verlustverrechnung für Verluste aus Termingeschäften betragsmäßig auf 10.000 Euro je Kalenderjahr gedeckelt. Dies gilt auch unterjährig. Mögliche höhere Verluste verfallen zwar nicht, dürfen aber lediglich auf Folgejahre übertragen werden. Die groteske Folge: Anleger, die ein saldiertes Minus aus Termingeschäften in einem Kalenderjahr haben, müssten unter Umständen dennoch Steuern zahlen – im Extremfall in existenzvernichtender Höhe.

Der Gesetzestext ist zwar bereits verabschiedet, aber in vielerlei Hinsicht nicht eindeutig und lässt viele Fragen offen. Klarheit erhofft man sich durch ein Schreiben des BMF zu diesem Thema, welches bereits angekündigt wurde, aber noch nicht erschienen ist.

Dennoch zeichnet sich in einem aus Beratersicht wichtigen Thema eine teilweise Entspannung ab. Bisher war nämlich unklar, welche Papiere genau unter den Begriff der Termingeschäfte fallen. Bei einer buchstabengetreuen Auslegung des Wortbegriffs hätten auch Anlagezertifikate betroffen sein können.

Allerdings wurden inzwischen mehrere Politiker zu diesem Thema befragt. Die entsprechenden Stellungnahmen mit der eindeutigen Richtung „Spekulanten“ als Gesetzesbegründung deuten darauf hin, dass es wohl nicht geplant ist, Anlagezertifikate in die neue Regelung einzubeziehen. Sollte sich diese Tendenz bestätigen, würden Verluste aus Anlagezertifikaten weiter mit allen Einkünften aus Kapitalvermögen verrechenbar sein.

Weiter problematisch dürften jedoch künftig Absicherungsstrategien für bestehende Depots sein, die in aller Regel mit Hebelpapieren vollzogen werden. Ein derartiges Hedging wäre kaum noch sinnvoll umsetzbar, wenn es zu einer beschränkten Verlustverrechnungsmöglichkeit käme.

Für eine endgültige Aufklärung müssen Details des BMF-Schreibens abgewartet werden. Es bleibt die zusätzliche vage Hoffnung auf Gesetzesänderungen. Auslöser hierfür könnten Bedenken zur Verfassungskonformität (Stichwort: Steuerzahlungspflicht trotz Verlustergebnis) sein – vielleicht aber auch die (späte) Erkenntnis, dass das Gesetz in der derzeitigen Form schlicht und ergreifend Ungerechtigkeiten aufweist.

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