Aktien – was sonst?

27. November 2019

Expertenausblick

Der Zins ist nahe der Nulllinie zementiert. Das macht Aktien – relativ zu allen anderen seriösen Anlageklassen – umso attraktiver. Viele Investoren sind dennoch skeptisch. Warum eigentlich?

Warren Buffett hat in seinem Leben sehr viele kluge Dinge getan und gesagt. Er wies unter anderem daraufhin, dass das Risiko bei der Geldanlage, an der Seitenlinie zu stehen, sehr viel größer sei als das Risiko investiert zu sein. Diese Aussage ist viele Jahre alt – und gilt unabhängig vom Zinsniveau. Nimmt man letzteres hinzu, dürfte die Aussage heute noch sehr viel relevanter sein. Anders gesagt: Das Risiko, in den kommenden Jahren langsam, aber sicher enteignet zu werden, ist für den klassischen Sparbuch- oder Tagesgeldinhaber heute sehr viel größer als die „Qual“, vorübergehende Schwankungen am Kapitalmarkt ertragen zu müssen.

Dass der Zins allzu bald deutlicher zulegt, ist unseres Erachtens unwahrscheinlich. Die Zinswende, von der in den vergangenen Jahren so oft die Rede war, ist längst abgesagt. Der Zins bleibt am Boden. Insbesondere in der Eurozone. Weil er es muss. Weil sonst der stetig wachsende Schuldenberg dauerhaft schlicht nicht zu finanzieren wäre. In diesem Umfeld bleiben Aktien unseres Erachtens, die Anlageklasse mit dem mit Abstand bestem Chance-Risiko Profil, insbesondere im Vergleich zu Anleihen.

Umso erstaunlicher erscheint vor diesem Hintergrund die Asset-Allokation deutscher Pensionskassen. Uns hat, das müssen wir zugeben, bei der Vorbereitung unseres Vortrages, die Fantasie gefehlt, um uns vorzustellen, dass der Anteil der Aktieninvestments am gesamten Vermögen der Pensionskassen hierzulande in den vergangenen Jahren nochmals gefallen sein könnte, doch dem ist so – von acht auf rund fünf Prozent. Angesichts des Umfeldes und dem Umstand, dass Pensionskassen naturgemäß einen besonders langen Anlagehorizont haben (sollten), ist diese Entwicklung geradezu aberwitzig.

Das Problem ist, dass der Fokus vieler Investoren, nicht zuletzt der Profis, vor allem darauf liegt, sich vor dem nächsten Crash zu fürchten. Das ist bei den Erfahrungen der vergangenen Jahrzehnte nachvollziehbar und menschlich, langfristig aber nicht zielführend. Niemand weiß, wann der nächste Crash kommt. Und wer sich die langfristigen Charts der großen Aktienindizes anschaut, wird relativ schnell erkennen, dass sich die Auswirkungen selbst der heftigsten Einschläge im Zeitverlauf relativieren. Stellen Sie sich deshalb vor, Sie müssten Ihren Kunden in fünf Jahren erklären, warum Sie sie – aus Angst vor dem nächsten Rücksetzer – in Nominalanlagen gehalten haben, der Crash aber immer noch auf sich warten lässt, nur die Inflation nicht…

Vergessen Sie den Deutschland-Fokus

Auf diesen Hinweis folgt meist die Antwort, dass die Wirtschaft sich längst abkühle, insbesondere in Deutschland, und Aktien einzelner Branchen, die Autobauer und Zulieferer beispielsweise, bereits deutlich verloren hätten. Das mag stimmen, der heimische Markt ist aber nicht unser Fokus, sollte es auch nicht sein. Wenn wir von Aktien und Wirtschaftswachstum sprechen, meinen wir das stets im globalen Kontext. Der DAX, auch wenn er der Deutschen liebster Index ist, ist eine denkbar schlechte Referenz. Er ist zu klein, zu wenig repräsentativ und sagt viel zu wenig über die globalen Wachstumspotenziale aus.

Eingewendet wird daraufhin gewöhnlich, dass der Aufschwung in den USA schon mehr als zehn Jahre laufe, sein natürliches Ende also aufgrund des fortgeschrittenen Alters immer näher rücke. Wenn wir uns den Aufschwung jedoch etwas näher anschauen, wird deutlich, dass er nicht nur der längste in der Historie ist, sondern auch einer der „kraftlosesten“. All das, was kennzeichnend war für frühere Aufschwünge in ihrer Spätphase – Euphorie und Überhitzung –, geht dem aktuellen gänzlich ab. Von beidem sind wir nach wie vor meilenweit entfernt. Nicht unwahrscheinlich ist deshalb, dass dieser saft- und kraftlose Aufschwung noch länger anhalten wird. Was wiederum für Aktien erstklassiger Unternehmen spricht; Unternehmen, die über ein erprobtes Geschäftsmodell verfügen, robust wachsen, global aufgestellt und wenig verschuldet, zudem ein sehr gutes Management haben. Eine Blase, von der es mit Blick auf Aktien immer heißt, sie würde bald platzen, findet sich dagegen ganz woanders: am Anleihemarkt.

Gute Anleihefonds müssen aktiv und flexibel sein

Seit 30 Jahren fallen dort die Renditen, beschleunigt durch den Ausbruch der Finanzkrise und die seither verabreichten Notenbankhilfen. Nahe der Nulllinie ist das Renditepotenzial begrenzt, das Risiko, Verluste zu erleiden dagegen umso größer. Anders ausgedrückt: Allein mit verzinslichen Anlagen dürfte es in Zukunft schwer werden, Vermögen zu erhalten.

Unmöglich ist das nicht, wie gute Anleihefonds zeigen. Allerdings müssen die Portfoliomanager heute sehr viel aktiver sein als früher. Flexibilität ist gefragt. Auf Anlagegelegenheiten warten, sie erkennen und dann auch nutzen. Das klassische Buy-and-Hold, also Anleihen zu kaufen und sie bis zur Fälligkeit liegen zulassen, funktioniert heute nicht mehr. Weil der Kupon schlicht nicht mehr attraktiv genug ist. Deshalb sind auch Renten-ETFs im heutigen Umfeld die falsche Wahl.

Die Rendite kommt im Wesentlichen über Kursgewinne und dem Durationsmanagement. Was nichts anderes bedeutet, als dass die Umschlagshäufigkeit in einem reinen Anleiheportfolio heute sehr viel größer ist als früher, ja sehr viel größer sein muss. Was wiederum bedeutet, dass das Fondsmanagement die Kosten im Griff haben sollte. Für einen Privatanleger ist ein Rentenportfolio aus diesen Gründen heute kaum mehr sinnvoll zu bewirtschaften.

Philipp Vorndran, Kapitalmarktstratege der Flossbach von Storch AG

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